Kürzlich meldete sich bei mir --sehr kurzfristig-- mein ehemaliger Chef aus Uni-Tagen und bot mir Freikarten für den neuen Star-Trek-Film an. Ich sagte zu und kam so in den Genuß, den Film in der (praktisch ausverkauften) Vorpremiere zu sehen zu bekommen. Auch wenn der Abend nicht verschwendet war, was nicht zuletzt auch an Herrn Tolans einleitendem Vortrag lag, hinterläßt Abrams' Vision von Star Trek einen zutiefst widersprüchlichen Eindruck.
Ich werde mich bemühen, nicht allzu viel zu "spoilern", ganz ohne wird es aber wohl nicht abgehen. Wer also unbedingt unvoreingenommen den Film schauen und dabei ganz sicher gehen will, sollte vielleicht besser hier aufhören zu lesen. Aber zur Sache. Zunächst einmal: es ist bunt, so bunt wie die alte Serie, allerdings technisch auf dem neuesten Stand. Reichlich zum Einsatz kommt leider ein Stilmittel, das in vielen modernen Filmen vorkommt und mir grundsätzlich nicht zusagt: namentlich die Unart, anscheinend weite Teile von epileptischen Schimpansen per Handkamera drehen zu lassen (der klassische Fachbegriff der "Steadicam" ist hier definitiv einfach falsch). Das soll wohl Spannung erzeugen, führt bei mir allerdings nur zu Kopfschmerzen und Seekrankheit.
Die Schauspieler sind allesamt jung und durchaus passend besetzt. Allerdings hätte es für meinen Geschmack weniger Pathos und unglaubwürdiges Halbvulkanier-Rumgeknutsche sein können, und dafür zumindest halbwegs glaubwürdige Charakter-Entwicklung. Die Figuren bleiben blaß, agieren mitunter ziemlich widersinnig und wirken eher wie Karikaturen. Falls dies Ausdruck von Abrams' Versuch ist, sein Werk mit Humor zu füllen, so gelingt dies allerdings nicht wirklich, und der Film gerät stellenweise allenfalls unfreiwillig komisch.
Auch sonst offenbart der Streifen einige inhaltliche Schwächen. Mal abgesehen von der sehr platten, unkreativen (und zudem noch leider absolut unlogischen) Alternative-Zeitlinie-Geschichte, deren einzig ungewöhnliche Details darin bestehen, daß sie von hinten aufgerollt und am Ende nicht einfach alles ungeschehen gemacht wird (wie es sonst in Star Trek ja üblich ist), sollte der geneigte Zuschauer am besten einfach das Großhirn abschalten und die gut gemachten Raumschiff-Explosionen bewundern. Ich bin mir derzeit nicht ganz sicher, was ich absurder finden soll: überhaupt die Glibber-Kugel aus "roter Materie", von der ein Tropfen bereits für ein Instant-Schwarzes-Loch reicht, oder die Tatsache, daß das erzeugte Schwarze Loch zwar ganze Planeten vollständig aufsaugen kann, man aber aus irgendeinem merkwürdigen Grund erst ein riesiges Loch in den Planeten bohren muß, um es genau in seiner Mitte zu plazieren.
Daß es Abrams mit der Selbstkonsistenz seiner Zeitreise-Geschichte nicht so genau nimmt, welche ständig und lauthals "Großvater-Paradox" schreit, geht unter künstlerischer Freiheit durch. Außerdem ermöglicht diese Entscheidung natürlich den vollkommenen "Neustart" des Star-Trek-Franchise ohne Rücksicht auf die alten Filme und Serien. Vielleicht hätte man Star Trek aber besser einfach in Frieden ruhen lassen sollen, anstelle einen neuen Versuch zu starten, der sich zudem eher wie Leichenfledderei anfühlt denn wie eine echte Reanimation. Oder zumindest diesen krampfhaften Versuch unterlassen, den Film mit der alten Star-Trek-Kontinuität verheiraten zu wollen und dafür sogar den 78jährigen Leonard Nimoi auftreten zu lassen. Denn: läßt man alles andere beiseite, ist der neue "Star Trek" ein knallbunter, alberner, vollkommen sinnfreier und stellenweise unfreiwillig komischer Film. Er ist auch nicht wirklich schlecht. Trotzdem bleibt das Gefühl, daß viel Potential verschwendet wurde.