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Schmalz im Überfluß: "Love Happens"

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Die besondere Eigenart von „Sneak Previews” besteht ja bekanntlich darin, daß man vorher nicht genau weiß was man beim Kinobesuch erwarten kann. Das ist nicht unbedingt von Vorteil: neben einzelnen Perlen finden sich leider auch allzuviele filmische Muscheln, die besser ungeöffnet geblieben wären.

Ein Beispiel für diese Kategorie stellt „Love Happens” dar. Offenkundig ein Film für eher weibliches Publikum, wurde meine diesbezügliche Meinung allerdings auch von anwesenden Personen mit signifikant mehr X-Chromosomen geteilt.

Die Geschichte ist schnell skizziert: es geht um den Psychologen Dr. Burke Ryan, der vor drei Jahren seine Ehefrau bei einem Autounfall verloren hat und in der Folgezeit ein Selbsthilfebuch zur Trauerbewältigung schrieb: „A-Okay!” ist der Titel, zu deutsch etwa „alles in Ordnung”. Das Buch wurde zum Bestseller, Ryan gibt Seminare, posiert für Magazinphotos, sein Manager verhandelt über eine vollumfängliche Vermarktung und Ausschlachtung von der Burke-Ryan-DVD über die Burke-Ryan-Fernsehshow bis zur Burke-Ryan-Diät. Doch Ryan ist ein Heuchler, denn er hat die Krise, in die der Tod seiner Frau ihn geworfen hat, nie überwunden.

Klingt das bis dahin noch so, als hätte man aus der Geschichte etwas machen können, wird man im Kino herbe enttäuscht. Der Film transportiert das Leiden und die Zerissenheit des Burke Ryan in etwa mit der Subtilität eines Presslufthammers. Gleich nachdem wir den Protagonisten dabei beobachten durften, wie er sich in der Hotelbar am Wodka bedient, darf er in der Öffentlichkeit darüber belehren, daß Alkohol kein Ausweg sei. In seinem Seminar fragt er die Trauernden nach ihren Verdrängungs-Handlungen: wer fliegt nicht mehr mit dem Flugzeug, wer betritt keine Aufzüge mehr... und natürlich haben wir Ryan seit Filmbeginn nicht in einem einzigen Fahrstuhl gesehen.

Was am meisten stört ist die merkwürdige Tatsache, daß eigentlich alle Protagonisten im Film mehr oder weniger perfekt sind. Jennifer Aniston in ihrer gewohnten Rolle als Schwiegereltern-Schwarm und nettes Mädchen von nebenan, Aaron Eckhart als selbstloser Therapeut, der beim Versuch, seinen Patienten zu helfen, auch schon mal Verletzungen davonträgt, die Vermarktung seiner Person akzeptiert, weil er tatsächlich der Meinung ist, den Menschen so helfen zu können, und noch dazu natürlich geradezu unverschämt gut aussieht. Das Zielpublikum des Streifens kann man nicht zuletzt gut daran erkennen, daß Aniston sehr verhuscht daherkommt in ihrer Rolle als Floristin Eloise, während die Zuschauerinnen im Kino sich an genüßlicher Großaufnahme von Eckharts nacktem Oberkörper erfreuen können.

Wie gesagt, beinahe jeder ist auf seine Art perfekt. Sogar Lane, Burkes Manager und bester Freund, fragt zwischendurch seinen Schützling besorgt, ob er mit dem Vermarktungs-Vertrag ein Problem habe. Einzig die Vertreter des Medien-Konglomerats sind (natürlich) negativ besetzt, aber eine tatsächliche Kritik an der Ausschlachtung menschlichen Elends bleibt der Film schuldig. Notgedrungenerweise, könnte man sagen, denn letztlich tut „Love Happens” ja auch nichts anderes, als Trauer zu instrumentalisieren. So bleibt es denn einzig beim kleinen Seitenhieb in Form der Vorstellung jenes unfaßbaren Diätpulvers („Ein Verlust, den Sie begrüßen werden!”). Konsequenzen gibt es jedoch keine.

Spannung kommt bei alledem nicht auf. Es ist natürlich von vorneherein klar, daß die beiden Protagonisten sich kriegen, daß Burke irgendwann im Laufe des Films sich seiner Trauer stellen und am Ende also alles in Butter sein wird. Der Spannungsbogen bleibt dabei jedoch flacher als das Holsteiner Hinterland, und die großzügigen Schmalzkübel, die allenhalben ausgeleert werden, sorgen nicht für ein schnelleres Vergehen der Zeit. Garniert man das mit dem lustlosen Schauspiel praktisch aller Beteiligten, fühlen sich die gut 100 Minuten Spielzeit eher an wie 200.

Der Höhepunkt des Films besteht übrigens in 3 erwachsenen Männern auf einer Bühne, die sich in den Armen liegen und schluchzen. Während aber ein Liam Neeson, wennn er am Ende von Schindlers Liste schluchzend zusammenbricht, dem Zuschauer geradezu körperliche Schmerzen bereiten kann, ist das hölzerne Spiel von Eckhart eher unfreiwillig komisch. Zu alledem paßt irgendwie, daß nicht einmal für einen sinnvollen deutschen Titel die Kreativität gereicht hat; nicht daß dieser belanglose Streifen mehr verdient hätte.

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