Der größte Vorteil einer Überraschungspremiere im Kino, wie ich vor längerer Zeit schon einmal feststellte, ist der, dass man Filme zu sehen bekommt, für die man im Normalfall niemals Geld ausgegeben hätte. Der größte Nachteil einer Überraschungspremiere im Kino ist andererseits auch, dass man Filme zu sehen bekommt, für die man im Normalfall wohlbegründet niemals Geld ausgegeben hätte. Der heutige Film namens "Warm Bodies" fiel leider in die zweite Kategorie.
„R“ ist eigentlich ein gutaussehender junger Mann. Vielleicht ein wenig blass um die Nase, doch das ist ja derzeit sogar in Mode. Hieße er Edward und hätte lange Eckzähne, wäre R wohl bei den Damen sehr beliebt. Okay, es gibt auch einige Kröten zu schlucken für interessierte Doppel-X-Trägerinnen: da wären zu nächst einmal die offenen Wunden. Und der Mundgeruch. Überhaupt: ganz schön schlechte Körperhygiene. Und noch dazu ein recht unschöner Appetit auf warmes menschliches Gehirn: R ist ein Zombie.
R hängt in einer namenlosen amerikanischen Großstadt am Flughafen herum. Zusammen mit einigen Hundert anderen Zombies, denn etwas besseres zu tun hat er nicht. Er erinnert sich nicht an seinen Namen und „lebt“ (in Ermangelung eines besseren Wortes) einfach in den Tag hinein. Er wohnt in einem alten Passagierflugzeug, in dem er eine Sammlung von verschiedenstem Krimskrams angelegt hat: von Blechspielzeug bis zu Vinyl-Schallplatten. Ein Durchschnittszombie ist R bei näherem Hinsehen also wohl nicht.
Womit sich vielleicht erklären lässt, dass er bei einem Beutezug die hübsche Blondine Julie nicht frisst, sondern kurzerhand mit zu sich nach Hause nimmt. Okay, vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass er gerade Teile des Hirns ihres (ab sofort Ex-)Freunds verspeist hat und dessen Erinnerungen teilt. Oder so ähnlich. Jedenfalls landet Julie bei ihm in seinem Flugzeug, und er überredet sie, nicht sofort wegzulaufen. Julie hat natürlich zu Anfang große Angst, doch diese weicht allmählich der Neugier gegenüber diesem merkwürdigen Leichnam, der sogar langsam anfängt, mit ihr zu sprechen.
Denn Julies Begegnung mit R hat in diesem etwas ausgelöst: R beginnt, seine Menschlichkeit wieder zu entdecken: er spricht und fängt an zu träumen, und sein Herz fängt wieder langsam an zu schlagen. Und nicht nur er: sein bester Freund „M“ spürt es ebenso, genauso wie viele andere Zombies. Eine Entwicklung, welche die unter den Untoten herrschenden wandelnden Skelette gar nicht gut finden. Julie andererseits steht vor dem Problem, ihrem fanatisch den letzten Rest der Menschheit beschützenden Vater davon zu überzeugen, R nicht bei der ersten Begegnung ein Lüftungsloch im Schädel anzubringen...
Der Film basiert auf einem Buch gleichen Namens, welches aufgrund seiner ungewöhnlichen Prämisse bei Kritikern gut ankam. Auch der Film wird vielerorts gelobt, auch wenn ich diese Begeisterung leider nicht teilen kann. Der wenige Humor, von dem der Streifen dringend mehr hätte gebrauchen können, wird letztlich hauptsächlich aus dem Widerspruch zwischen seinen Handlungen und dem Voice-Over gewonnen, in dem R seine Gedanken und Gefühle ausdrückt. Das Ergebnis ist platt und zündet oft genug nicht recht. Es gibt einige wenige eklige Szenen, wenngleich die Zombies von „Warm Bodies“ insgesamt eher zur kuscheligen Sorte zählen; trotzdem gingen für mich Humor und Körperflüssigkeiten noch nie zusammen, vielleicht empfinde ich das Ganze ja auch deshalb so unlustig.
Die Story ist natürlich kompletter Blödsinn. Diese Tatsache und die totale Absurdität des Konzepts, dass tote Körper, die sich in verschiedenen Phasen der Verwesung und des Verfalls befinden, schrittweise wieder zu echtem Leben erwachen, kommentiere ich aber einmal bewusst nicht weiter: man kritisiert ja auch nicht das Wasser dafür, dass es nass ist. Dass der Handlungsbogen flach ist wie ein Bügelbrett, die Story nicht nur unlogisch, sondern auch dünn wie Reispapier: geschenkt. Und wenn R anscheinend Teile des Gehirns von Julies totem Ex in einer offenkundig unsichtbaren Tupperdose mit sich herumschleppt, um sie im ersten Drittel des Films zwecks Erinnerungs-Trips stückweise verspeisen zu können (endlich erfahren wir also, warum Zombies so auf Hirn stehen): zuviel Logik würde dem Film natürlich nur schaden, ehrlich. Was mich aber darauf bringt, so eine unsichtbare Tupperdose wäre definitiv eine nützliche Sache, vielleicht aber besser ohne graumatschigen Inhalt.
Das Ende der Geschichte in all seiner kitschigen Vorhersehbarkeit ist natürlich bereits ca. 10 Minuten nach dem Beginn zu erraten. Da die Story offensichtliche Nebensache ist, ist das auch kein wirkliches Problem. Eher ist es eines, dass die Figur im Film, zu der der Zuschauer am ehesten eine Beziehung aufbauen kann, ausgerechnet der Nebencharakter M ist. Die Hauptcharaktere bleiben zweidimensional und noch schlimmer: ziemlich langweilig. Mit ausreichend Bier und Popcorn ergibt sich vielleicht ganz nette Abendunterhaltung, ich empfehle aber definitiv sorgfältiges Vorglühen vor dem Kinobesuch.